Keine Lust auf Rampenlicht
Vor mehr als fünfzig Jahren entwarf Ercole Spada den Aston Martin BD4GT Zagato. Es folgten viele weitere Meilensteine in Sachen Autodesign. Abgehoben ist der heute Vierundsiebzigjährige nie.
Schon seine ersten Arbeiten für Zagato wurden Klassiker, andere
schockierten die Fachwelt. „Als ich die Autos für Zagato entwarf, habe
ich nicht darüber nachgedacht, wie man sie in zwanzig, dreißig oder
sogar fünfzig Jahren bewerten würde.“ Dieses Zitat des Designers Ercole
Spada ist repräsentativ für seine intuitive Art, Autos zu entwerfen. Und
für seinen Drang nach künstlerischer Freiheit – weswegen, auch das
werden wir im Interview mit der Stil-Ikone erfahren, er es in den
Siebzigern beispiesweise bei Audi überhaupt nicht, bei BMW dafür umso
besser ausgehalten hat. Als die Sprache auf das octane-Lieblingsauto,
das Alfa Romeo Junior Zagato Coupé, Typ 105, kommt, entlocken wir dem
Designer ein breites Grinsen.
Er ist viel zu scharfsinnig, seine Manieren sind zu gut, als dass er auf
meine einleitende Frage, eher nebenbei gestellt, reinfallen würde. Das
Interesse an seiner Person – und seinen Ansichten – scheint den
legendären Designer Ercole Spada zu verblüffen. Wir treffen den Mann
beim Concorso d’Eleganza Villa d’Este in Oberitalien. Die einleitende
Frage nach seiner Meinung zu den derzeitigen Aktivitäten von Zagato
quittiert Ercole Spada mit einer Denkpause. Dann ein skeptischer Blick,
der ohne Worte impliziert, besser das Thema zu wechseln. Ercole Spada
wählt seine Worte sehr bedächtig. Es lohnt sich, ihm zuzuhören. In über
fünfzig Jahren hat er unzählige Klassiker geschaffen, dennoch spricht
niemand seinen Namen mit derselben Ehrfurcht aus wie den von Giorgetto
Giugiaro oder Marcello Gandini. Nicht, dass ihn das kümmern würde, im
Gegenteil: »Es befriedigt mich, dass die Menschen Freude an meinen
Autokreationen haben, und ich verstehe auch, dass einige davon heute
viel Geld wert sind. Am Rampenlicht aber habe ich kein Interesse«, sagt
er. »Als ich die Autos für Zagato entwarf, habe ich nicht darüber
nachgedacht, wie man sie in zwanzig, dreißig oder sogar fünfzig Jahren
bewerten würde. Wenn mir die Leute sagen, wie sehr sie den DB4GTZ1
mögen, schmeichelt mir das, aber ehrlich gesagt war er schnell
entworfen.«
Er zuckt mit den Schultern, als sei das doch vollkommen klar. Doch was
Spada verschweigt, ist die Tatsache, dass der Aston das erste Auto war,
das er von Grund auf komplett entwickelt hat. Und das, obwohl der damals
22-Jährige kaum Erfahrung hatte. »Schon als Kind habe ich Autos
entworfen, ich habe mich immer für Autos interessiert«, stellt er fest.
»Nach meiner technischen Ausbildung fing ich 1960 bei Zagato an. Ich
wurde gefragt, ob ich Zeichnungen in Originalgröße anfertigen könnte,
und ich sagte: ‚Ja‘, ohne je eine angefertigt zu haben. Aber ich habe
schnell gelernt. Damals hatte Zagato viel zu tun. Es gab keine richtige
Designabteilung. Autos wurden von Handwerkern gemacht, und zwar schnell –
etwa in demselben Tempo, in dem eine Zeichnung entstand. Die Firma war
noch in der alten Fabrik, die im Zweiten Weltkrieg von den Briten
bombardiert worden war, und Ugo Zagato, der Firmengründer, mag zwar alt
gewesen sein, aber er war morgens immer als Erster da. Sein Einfluss war
immer noch sehr groß.« In der Person des Juniorchefs Elio Zagato fand
Ercole Spada sowohl einen Mentor als auch eine Kontrastfigur. Als der
Aston DB4GTZ bei der Earls Court Motor Show 1960 erstmals der
Öffentlichkeit vorgestellt wurde, hatten die beiden bereits den
prächtigen Alfa Romeo Giulietta SZ ‚Coda Tronca‘ aus dem Boden
gestampft.
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